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Warten am Baum der Begierde


Bei Obstversteigerung in Neuburgweier bieten rund 40 Menschen mit

Obstversteigerung in Neuburgweier
Höre ich ein weiteres Gebot? Ortsvorsteher Gerhard Bauer (Mitte) betätigt sich als Auktionator, Schreiber André Giebelhaus (links, in Orange) führt Buch. Foto: Jürgen Hotz

Der Samstagmorgen ist frisch, der Himmel bedeckt. Etwa 30 Leute haben sich am Treffpunkt Friedhof versammelt, etliche mit Fahrrädern, wetterfester Funktionskleidung oder auch in T-Shirt und mit Shorts. Später werden es um die 40 Menschen sein, denn viele warten direkt am Baum ihrer Begierde. Die taunassen Wiesen empfehlen gutes Schuhwerk. Die Stimmung ist prächtig, die meisten kennen sich.

Herbert Tropschug ist zum 20. Mal mit dabei. Der Steigerer erwerbe das Recht, die Bäume, die der Stadt gehörten, abzuernten, danach gehe es an die Stadt zurück, erläutert er das Prinzip der Obstversteigerung. „Es lohnt sich schon, einen gescheiten vollen Baum zu ersteigern“ sagt Wolfgang Weber, der schon vorgestern die Bäume inspiziert hatte. Seit Anfang der Woche konnte jeder, der mitsteigern wollte, einen Nummernschein im Rathaus abholen, sogar noch Samstagfrüh ab 7 Uhr. Um 8 Uhr setzt sich die Karawane der Obstliebhaberinnen und -liebhaber nach kurzer Begrüßung durch Ortsvorsteher Gerhard Bauer zügig in Bewegung. Mit dabei sind zwei Herren im städtischen Orange-Look. André Giebelhaus als Schreiber, notiert die Nummer des Bieters, die Baumnummer und zu welchem Preis der Baum ersteigert wurde sowie Peter Merder als Kassierer, denn bezahlt wird an Ort und Stelle. „Der Ertrag der gemeindeeigenen Steuobstwiesen ist schon immer versteigert worden“ erklärt Bauer.

Im Gewann Stockäcker, am Rande des Naturschutzgebietes, steht der erste Baum mit der Nummer acht, in Weiß auf den Stamm gepinselt. „50 Cent“ ruft es aus der Gruppe. Weil kein weiteres Gebot erfolgt, ruft Ortsvorsteher Bauer – in Personalunion Auktionator – in die Runde „50 Cent zum Ersten, ... zum Zweiten, ... und zum Dritten!“ Der imaginäre Hammer ist gefallen. Dann geht es Schlag auf Schlag weiter. Baum Nummer 47 geht für 5,50 Euro weg. „Gut 300 bis 400 Liter Apfelsaft“ bräuchten sie schon über den Winter, sagt Dieter Hähnel. Immer wieder wird in die Äpfel kraftvoll hineingebissen, um zu wissen, wofür man steigert. Nummer 36 geht sogar für neun Euro weg. Tropschug schwört auf Brettacher („bis Ostern lagerbar“), der „ein guter Saftapfel“ sei. Das sieht auch Harry Burkart so, für den der Brettacher der „Formel 1-Apfel“ ist. Franz Grüner dagegen hat den Rheinischen Bohnapfel für seinen Most im Auge.

„Auf dem Balkon trocknen, knacken, einfrieren und für Kuchen oder zum Knabbern wieder herausholen“, umreißt Michael Ganßmann den Weg der Früchte seines ersteigerten Nussbaums. Walnussbaum 120 geht nach kurzem Bieterwettstreit für 25 Euro an einen Herrn, der ihn schon etliche Jahre in Folge steigert. Nussbaum 125 dagegen, auf den ersten Blick fast identisch, bringt kurioserweise nur zwei Euro ein. Margot Deck zahlt neun Euro für Nussbaum 128. „Die Ernte bekommen meine vier Enkel – die studieren schon.“ Leider meinten viele, die Bäume gehörten niemand und sammelten – meist im Morgengrauen – die Nüsse ein, so Bettina Mohr. Gerhard Bauer freut sich, dass „etliche jüngere Leute mit dabei sind.“ So wie Markus Knepper, der die Birnenbäume Nummer 79 und 80 am Seeufer ersteigert hat und die Früchte zu Schnaps verarbeiten will.

Gegen 9.30 Uhr sind die Erträge von 92 Bäumen verkauft. Er rechne mit dem Ende der Auktion gegen 13 Uhr, so Bauer, denn rund 400 Bäume wollen auch erlaufen sein. Insgesamt ergibt die Versteigerung einen Erlös von 820 Euro. (m.f.G.d.BNN, Jürgen Hotz)

Die nächste Obstversteigerung ist in Rheinstetten-Mörsch am Samstag, 24. August, um 7 Uhr. Treffpunkt ist bei der Ampelanlage Sonnenstraße/Umgehungsstraße.


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