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Vor 100 Jahren ging in Mörsch das Licht an


Nach einem Jahrzehnt der Weigerung war die Elektrifizierung für das Dorf ein finanzieller Kraftakt

Vorreiter: Die Mühle des Florian Deck am Mörscher Ortsrand war die erste im Dorf. Nach Ende des Ersten Weltkrieges begann eine wirtschaftliche Veränderung in Mörsch, die auch zur Elektrifizierung 1920 beitrug.
Vorreiter: Die Mühle des Florian Deck am Mörscher Ortsrand war die erste im Dorf. Nach Ende des Ersten Weltkrieges begann eine wirtschaftliche Veränderung in Mörsch, die auch zur Elektrifizierung 1920 beitrug.

Vor 100 Jahren war die neue Stromversorgung in Mörsch eine Sensation. Noch 1910 hatte das Bezirksamt Ettlingen den Nutzen der Stromversorgung für Mörsch angezweifelt. Was für uns heute eine belanglose Selbstverständlichkeit ist, war vor 100 Jahren in Mörsch eine Sensation: Ende Juli 1920 wurde im Dorf das Licht angeknipst.

Nachdem sich der Mörscher Gemeinderat über ein Jahrzehnt lang geweigert hatte, der großherzoglichen Forderung nachzukommen, das Angebot des Gaswerkes Karlsruhe zum Bau einer Gasleitung anzunehmen – und stattdessen hartnäckig auf eine Versorgung des Dorfes mit elektrischem Strom gedrängt hatte – war es im Jahr 1920 endlich soweit. Mörsch bekam seine ersehnte Elektrizität.

Noch bei der Ortsbereisung 1910 machte das Bezirksamt Ettlingen der Gemeinde absolut keine Hoffnung auf eine Stromversorgung und ins Protokoll schrieb man: „Tatsächlich würde die elektrische Leitung für Mörsch wenig Vorteil haben, weil fast gar keine Klein-Industriellen vorhanden sind, welchen die elektrische Kraft zugutekäme.“ Zehn Jahre später wurde der Wunsch der Gemeinde jedoch erfüllt, denn unmittelbar nach Ende des Ersten Weltkrieges hatte sich das Dorf wirtschaftlich verändert. Am Ortsrand in der Nähe des Lobberle-Bahnhofs hatte der Kaufmann Cyriak Fitterer ein Wohnhaus mit einer Kaffeewirtschaft erbaut. Und gegenüber, in Richtung zur Landstraße nach Karlsruhe, waren die Mühle des Florian Deck sowie ein Holzsägewerk von Mathäus Deck entstanden.

Bei der routinemäßigen Ortsbereisung stellte das Bezirksamt Ettlingen später fest: „Als großer Fortschritt ist in der Gemeinde die Ende Juli 1920 fertiggestellte elektrische Versorgung zu verzeichnen; nur wenige Häuser sind noch nicht angeschlossen. Die Transformatorenstation wurde in dem Schulhof aufgestellt.“ Für die Gemeinde war die Elektrifizierung ein enormer finanzieller Kraftakt. In den Jahren 1919 und 1920 wurden jeweils 66.000 Mark im Ortshaushalt als „Anlehensmittel“ eingesetzt und die Bürgerumlage wurde um 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr erhöht. Auch die geplante Gemeindewasserleitung musste zugunsten des Stroms zurückgestellt werden, wobei, so vermerkt das Ortsbereisungsprotokoll, „die Wasserleitungsfrage auch keine besonders dringliche ist, da die vielen Gemeindebrunnen gutes und reichliches Wasser liefern.“

Auch in Forchheim kam es durch die 1920 begonnene, aber noch nicht fertiggestellte Elektrifizierung durch das staatliche Murgwerk zu erheblichen finanziellen Verwerfungen. Der dortige Gemeinderat beklagte eine fünfzehnfache Überteuerung pro Hausanschluss. Ein Problem, das auch bei der Ortsbereisung 1921 durch das Amt Ettlingen noch nicht geklärt werden konnte. (Helmut Gerstner/m.f.G.d.BNN)


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