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75 Jahre Kriegsende in Rheinstetten

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Zerstörte Häuser in der Rheinstraße 1945

Am 2. April 1945 überquerte ein Teil der französischen Armee bei Leimersheim den Rhein. In den folgenden Tagen zog sie den Rhein entlang Richtung Süden und nahm am 4. April Karlsruhe ein. Am selben Tag erreichten die Franzosen auch Forchheim und besetzten es. Von dort aus nahmen sie am 5. April Mörsch und am 6. April Neuburgweier ein. Diese beiden Orte waren in die Befestigungsanlagen des Westwalls einbezogen und die deutsche Wehrmacht wollte den Vormarsch der französischen Armee an dieser Stelle unbedingt aufhalten. Dadurch kam es in den folgenden Tagen dort zu heftigen Kämpfen. Im Folgenden werden die Ereignisse in den drei Orten kurz dargestellt.

 

Forchheim

Über die Landstraße von Karlsruhe kommend rückten die französischen Panzer am Mittwoch, den 4. April, nach Forchheim ein. Wenige Stunden zuvor war Bürgermeister Ernst Helfer bereits geflohen. Die Forchheimer Bevölkerung leistete keinen Widerstand. Eine Augenzeugin berichtet in einem Brief über die Ankunft der Franzosen: „Am 4. April nachmittags, ungefähr ½ 3 Uhr sind die feindlichen Panzer in Forchheim eingedrungen; die Leute sind mit weißen Tüchern entgegen, das war ein Moment, den ich nie vergessen werde, alle standen auf der Straße. Besonders in unserer Straße [Adlerstraße] war großer Betrieb, da gingen die meisten Truppen durch raufzu nach Mörsch.“ Französische Soldaten quartierten sich bei der Bevölkerung ein und mussten bekocht werden. Am Freitagnachmittag kam der Befehl, den Ort bis zur Rosenstraße zu räumen. Anstatt am Samstag in ihre Häuser zurück kehren zu dürfen, erhielt die Bevölkerung um 10 Uhr morgens den Befehl, dass die gesamte Bevölkerung nach Daxlanden evakuiert würde. Zu Fuß oder mit Kuhwagen kam die Bevölkerung dem Befehl nach und wurde von den Daxlander Einwohnern aufgenommen. Dort verbrachten die Forchheimer die nächsten Tage, erst am 13. April durften alle Bewohner wieder in den Ort zurückkehren. Während der Einnahme des Ortes und vor allem durch die Kämpfe um Mörsch in den folgenden Tagen war es vereinzelt zu Artilleriebeschuss gekommen. Drei Häuser wurden vollständig zerstört, weitere beschädigt. Im ganzen Ort waren die Häuser und Wohnungen von den, inzwischen abgezogenen, französischen Soldaten geplündert und verwüstet. Die Augenzeugin berichtet: „[…] drei Häuser sind ausgebrannt, auch das Pfarrhaus und die Buchbinderei Leibold. Wir sind bloß froh, dass wir noch unser Haus haben, bei unsrer Rosa ist oben im 2. Stock im Schlafzimmer eine Granate rein, es ging noch gut vorbei, wir waren im Keller. […] Bei uns daheim […] haben sie gekocht, […] sowas habe ich mein ganzes Leben noch nicht gesehen. Der Boden voller Fettflecken, ganz voll mit Geschirr wo noch Überreste drin waren, ich habe am ersten Tag ungelogen von morgens bis abends Geschirr gespült. […] Noch ein einziges Huhn von uns haben wir angetroffen, die Gänse und Hasen fort, unser Eingemachtes, also alle Lebensmittel fort, viel Wäsche wurde in manchen Häusern gestohlen, mir fehlt auch mein Deckbett, ein paar Lederschuhe, etwas Unterwäsche, meine Uhr, Anhänger und Ringe alles weg, meine Kleider sind auf dem Kohlehaufen im Keller rumgefahren.“ Neben den Plünderungen wurde in Forchheim auch von Vergewaltigungen berichtet.

 

Mörsch

Am Morgen des 5. April drangen die französischen Soldaten mit Panzern in Mörsch ein. Zu diesem Zeitpunkt war Bürgermeister Karl Herrmann bereits geflohen. Die Franzosen trafen auf heftigen Widerstand deutscher Soldaten und es entwickelten sich Straßenkämpfe, insbesondere entlang der Rheinstraße (heute Rheinaustraße). Mehrere Zivilisten wurden dabei getötet. Der damals 13jährige Gebhard Heil schreibt in seinen Erinnerungen: „Auf der Straße fuhren die Panzer auf und ab, feuerten überall hin. Die Hölle war los. Dazu schoss die deutsche Artillerie von Waldprechtsweier her in unseren Ort: Richtiges Trommelfeuer. Ein Krach war das! Ziegelbrocken flogen durch die Luft und sirrende Granatsplitter.“ Am 6. April wurden die Einwohner zunächst aufgefordert, in den Kellern der Häuser rund um die Kirche Schutz vor den Kämpfen zu suchen, wenige Stunden später befahlen die Franzosen eine vollständige Evakuierung des Ortes in Anbetracht der zu erwartenden Kämpfe. Zunächst wurden die Mörscher auf dem Forchheimer Versuchsgut untergebracht. Am Morgen des 7. April wurde das Gut von deutscher Artillerie getroffen, drei Menschen starben dabei. Anschließend flohen die Mörscher in die Karlsruher Vororte, wo sie die nächsten Tage ausharrten. In den folgenden Tagen lag Mörsch unter deutschem Artilleriebeschuss mit dem Ziel, die französische Armee zurück zu drängen. Nachdem es der französischen Armee gelang, den Riegel von Mörsch über die Vorberge des Schwarzwalds zu umgehen, zog sich die Wehrmacht zurück und beendete am 10. April die Kämpfe. Gebhard Heil erinnert sich: „Am Mittwoch, den 11. April 1945, versuchten einige Mörscher ins Heimatdorf zurückzukommen. Vergebens. An den Ortseingängen standen Militärposten der Franzosen und ließen niemanden durch. Mächtige Rauchsäulen stiegen in Mörsch hoch, Tote lagen umher, herrenloses Vieh überall, totes, aufgedunsenes Vieh, zerstörte Fahrzeuge, Autos, die auf Minen gefahren waren.“ Erst in den folgenden Tagen kehrten die Mörscher Einwohner in den Ort zurück und fanden eine Trümmerlandschaft vor. Im Ortskern rund um die Kirche waren 116 Anwesen vollständig zerstört, zahlreiche weitere stark beschädigt. Gebhard Heil beschreibt die Situation: „Auch um die Kirche herum war alles fast nur Trümmerhaufen. Weit konnte man sehen, überall standen die Leute mit nassen Augen und starrten auf ihre dahin gesunkene Habe. Viele Häuser waren bis in den Keller ausgebrannt. Die Kamine standen zum Teil noch […] Die Häuser der Rheinstraße waren ab dem Pfarrhaus bis hin zur Karl-Friedrich-Straße fast vollständig abgebrannt. Die Bachstraße, Gartenstraße, die ganze Gegend dort war weg. Alles nur ausgebrannte Ruinen.“ 17 Zivilisten und 37 deutsche Soldaten kamen bei den Kämpfen ums Leben, die Zahl der getöteten französischen Soldaten ist nicht bekannt. Die getöteten Soldaten und Zivilisten wurden auf dem Mörscher Friedhof beerdigt, 1949 wurde dort der Gefallenen-Ehrenhain errichtet.

 

Neuburgweier

Am 6. April nahm die französische Armee von Mörsch aus kommend Neuburgweier ein. Dabei kam es zu heftigen Straßenkämpfen und zu Beschuss durch die deutsche Wehrmacht. Die Bevölkerung floh in die Keller. Die Federbachbrücke am Ortseingang wurde durch eine versuchte Sprengung durch die Wehrmacht stark beschädigt, konnte aber weiterhin benutzt werden. Am Morgen des 7. April wurde die gesamte Bevölkerung evakuiert. Über den Hochwasserdamm und das Rappenwörth gingen sie nach Daxlanden. Lediglich Handgepäck durften sie mitnehmen. Am selben Tag versuchte die Wehrmacht, den Ort zurück zu erobern. Nachdem dies an der französischen Gegenwehr gescheitert war, führte die Wehrmacht am Morgen des 8. April von Au aus erneut einen Angriff aus. Es kam zu heftigen Kämpfen, der Südwestteil Neuburgweiers wurde zeitweise wieder von deutschen Truppen besetzt. Letzten Endes konnten die Franzosen den Angriff abwehren. 51 deutsche Soldaten fielen, die Zahl der gefallenen Franzosen ist unbekannt. Die Bevölkerung kehrte in den nächsten Tagen in den Ort zurück. Durch die Kämpfe waren mehrere Gebäude zerstört, zahlreiche beschädigt. Das Rathaus war vollständig ausgebrannt. Die Einwohner fanden die Leichen der deutschen Soldaten am Ortsrand und rund um den Befehlsbunker am Rheindamm. Die Gefallenen wurden am 13. und 14. April auf dem Friedhof beigestzt, 1949 wurde das Gefallenendenkmal mit der Skulptur Emil Wachters dort errichtet.

 

 

Nach der Einnahme der Orte ernannte die französische Militärverwaltung in allen drei Orten kommissarische Bürgermeister, in Forchheim Johann Rupprecht, in Mörsch Pfarrer Franz Allgaier und in Neuburgweier Otto Schindele. Bei der endgültigen Festlegung der Besatzungszonen nach Kriegsende wurde der Landkreis Karlsruhe der amerikanischen Besatzungszone zugewiesen, so dass die Ortschaften ab Juli 1945 der amerikanischen Militärverwaltung unterstanden.


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